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Württemberg, Habsburg und Hohenzollern

Territoriale Vielfalt vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert

von Dr. Andreas Zekorn

Schlusssteine des Chorgewölbes der Kirche in Engstlatt mit Wappen der Grafen von Württemberg, der Amsstadt Balingen und heiligem Petrus
Wappen der Stadt Balingen und von Württemberg in der Kirche Engstlatt; Foto: Julius Trugenberger, Sigmaringen

Seit dem 11. bzw. 14. Jahrhundert kann die Geschichte des Kreisgebiets mit drei wichtigen Adelshäusern in Verbindung gebracht werden, die hier Besitzungen hatten: Württemberg, Habsburg und Hohenzollern.

Der Raum um die Städte Balingen, Ebingen und Rosenfeld gehörte seit dem Spätmittelalter vornehmlich zu Württemberg, das dort im 14. und 15. Jhd. bedeutende Erwerbungen tätigen konnte, z.B. die Herrschaften Rosenfeld und Schalksburg mit Balingen (1403) oder die Stadt Ebingen.
Der Übergang der Herrschaft Schalksburg von Hohenzollern an Württemberg spiegelt sich in der bekannten Hirschguldensage wieder, die Gustav Schwab und Wilhelm Hauff fest hielten.

Bis zu Beginn des 19. Jhds. waren die eingangs genannten Orte (Ober-)Amtsstädte mit gewissen zentralörtlichen Funktionen. Von diesen Amtsstädten blieb nur Balingen als Verwaltungssitz erhalten. Württemberg besaß damit im Kreisgebiet etwa ab dem 16. Jahrhundert die qualitativ verdichtetste Landesherrschaft und Verwaltung. Städte und Ämter waren seit dieser Zeit zudem in der württembergischen "Landschaft" (einer Art "parlamentarischer" Frühform) vertreten, wo sie Mitsprache- und Selbstverwaltungsrechte hatten. Die Geschichte dieses württembergischen Kreisanteils verlief ansonsten im Rahmen der allgemeinen württembergischen Historie, was unter anderem bedeutete, dass hier ab 1534 die Reformation durchgeführt wurde.

Ein wesentlicher Teil des heutigen Kreisgebiets ist mit Habsburg verbunden, das 1381 die Herrschaft Hohenberg von dem gleichnamigen Adelsgeschlecht erwarb. Österreich übte die Herrschaft zum Teil direkt aus, z.B. über die Städte Schömberg und Binsdorf, zum Teil verpfändete es die Herrschaften bzw. vergab sie als Lehen, wie etwa die Herrschaften Werenwag (u.a. Meßstetten-Hartheim, Heinstetten und Unterdigisheim) und Kallenberg (u.a. Dormettingen, Erlaheim, Nusplingen und Obernheim). Für die unmittelbar unter österreichischer Landeshoheit stehenden Orte der Grafschaft Hohenberg und die Städte Schömberg und Binsdorf war das Oberamt Rottenburg zuständig. Vorgeordnet war die oberösterreichische Regierung in Innsbruck bzw. ab der Mitte des 18. Jahrhunderts die vorderösterreichische Regierung in Freiburg. Auch die österreichischen Untertanen besaßen – abgesehen von der gemeindlichen Ebene - gewisse Mitwirkungsrechte: sie entsandten ihre Abgeordneten auf die schwäbisch-österreichischen Landtage, wo es vor allem um Steuerbewilligung und –umlage ging.

Habsburgischer Doppeladler in Obernheim, Gasthof Adler
Nur wenige sichtbare Überreste dokumentieren die Zugehörigkeit zu Österreich von weiten Teilen des Kreisgebiets: Habsburgischer Doppeladler in Obernheim, Gasthof Adler (Foto: Gemeinde Obernheim)

Hingewiesen sei an dieser Stelle auf die ritterschaftlichen Gebiete und Familien, z.B. die Herren von Bubenhofen (im Mittelalter u.a. im Besitz von Geislingen, Grosselfingen, Dotternhausen und Roßwangen) oder die Schenken von Stauffenberg; letztere besaßen Lautlingen und Margrethausen (ab 1625) sowie Geislingen (ab 1697/98). Diese ritterschaftlichen Gebiete entstanden in einer Art Pufferzone zwischen den in der Gegend führenden Mächten Habsburg und Württemberg.

Von den kirchlichen Herrschaften und Klöstern ragt die Herrschaft Straßberg (mit Straßberg, Kaiseringen und Frohnstetten) hervor, die seit dem 13./14. Jhd. dem Stift Buchau gehörte und zunächst als Lehen vergeben war; ab 1625 wurde sie als eigenes Amt unter direkte Verwaltung des Stifts gestellt. Nur relativ bescheidenen Besitz hatten das – auch über die Reformationszeit hinaus - unter württembergischer Schirmherrschaft stehende Franziskanerinnenkloster Margrethausen und das österreichische, landsässige Dominikanerinnenkloster Binsdorf (dort auch ein Stift). In Hohenzollern-Hechingen existierten die landsässigen Klöster Rangendingen und Stetten (beide Dominikanerinnen) sowie St. Luzen (Franziskaner) bei Hechingen (dort auch ein Kollegiatstift). In Hohenzollern-Haigerloch befand sich das Dominikanerinnenkloster Gruol. 1802/03 kamen die im hohenzollerischen Gebiet liegenden Klöster durch die Säkularisation an Hohenzollern-Hechingen bzw. Sigmaringen, württembergisch wurden Margrethausen (1802/03) und Binsdorf (1806). Die Herrschaft Straßberg gelangte über die Fürsten von Thurn und Taxis an Hohenzollern-Sigmaringen.

1805/06 fielen die österreichischen und ritterschaftlichen Orte infolge der Mediatisierung (der Unterstellung eines bisher unmittelbaren Standes unter die Landeshoheit eines anderen Reichsstandes) im wesentlichen an Württemberg. Man teilte sie den Oberämtern Balingen, Rottweil, Spaichingen und Sulz zu. 1938 wurde dann der Kreis Balingen in dem Umfang gebildet, wie er 1973 im Zollernalbkreis aufging. Hartheim und Heinstetten kamen allerdings 1810 an Baden und damit erst 1973 zum Zollernalbkreis.

Zeichung des Grabsteins Graf Friedrichs von Zollern-Schalksburg, verstorben am 1. April 1408, in der Stadtkirche Balingen mit dem hohenzollerischen Wappen
Zeichung des Grabsteins Graf Friedrichs von Zollern-Schalksburg, verstorben am 1. April 1408, in der Stadtkirche Balingen mit dem hohenzollerischen Wappen


Schließlich muss von den Hohenzollern die Rede sein, die im Landkreis ihre Stammburg besitzen. Um 1170 spaltete sich die hohenbergische Linie ab, die als – im Gegensatz zu den Zollern – staufertreue Linie den wichtigeren Besitz erhielt. Diese Linie hatte Oberhohenberg (bei Schömberg-Schörzingen) als Stammburg und dehnte ihren Herrschaftsbereich über Haigerloch nach Rottenburg aus. Wichtigster Vertreter der Familie war Graf Albrecht II. von Hohenberg (+ 1298), der sich als Schwager und enger Vertrauter König Rudolfs von Habsburg nicht nur auf dem Felde der Reichs- und Territorialpolitik bewährte, sondern der sich auch auf dem Gebiet der höfischen Kultur, als Minnesänger, einen Namen machte. Allerdings veräußerte Graf Rudolf III. von Hohenberg, wohl infolge einer Finanzkrise, die Grafschaft im Jahre 1381 an Habsburg.

Aus der zu Beginn des 13. Jh. abgespaltenen fränkischen Linie der Hohenzollern gingen die Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg und das spätere preußische Königs- und Kaiserhaus hervor. Die schwäbische Linie der Zollern blieb im Raum ansässig und konnte nach 1430 ihr Herrschaftsgebiet konsolidieren und erweitern, etwa 1497 um die Herrschaft Haigerloch. Bei der Erbteilung von 1576 entstanden drei zollerische Linien, von denen die Haigerlocher bald wieder erlosch. Im wesentlichen bestanden ab 1623/34 die beiden Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen. Insbesondere in Hohenzollern-Hechingen kam es vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Herrschaft und Untertanen u.a. wegen Fronleistungen, Steuerzahlungen sowie Fragen der Leibeigenschaft und der Jagd. Erst 1795/98 wurden die Konflikte mit dem Stadt- bzw. Landesvergleich beigelegt; dem Landesvergleich schloss sich nur Bisingen nicht an, weshalb die Bisinger den Übernamen "Nichthuldiger" erhielten. Derartige Auseinandersetzungen zwischen Herrschaft und Untertanen gab es aber auch in anderen Herrschaftsgebieten, z.B. in Sigmaringen oder Kallenberg, allerdings verliefen gerade in diesen Gebieten die Konflikte dank österreichischer Einflussnahme in abgemildeter Form. Anzumerken bleibt, dass auch in den hohenzollerischen Fürstentümern über die dortigen "Landschaften" begrenzte Mitwirkungs- und Mitsprachemöglichkeiten für die Untertanen vorhanden waren.



Der hohenzollerische Sonderweg