Deutsch

Von der Landeserstaufnahmestelle ins Landratsamt

Eine junge Frau mit einer lila Bluse steht in einem Flur
Oula Al Hamwi  im Landratsamt 

Oula Al Hamwi kommt lächelnd den Flur des Landratsamtes Zollernalbkreis entlang. „Hallo! Wie geht es dir?“ fragt sie freundlich und spricht dabei nahezu akzentfrei. Nicht selbstverständlich. Oula Al Hamwi kam im September 2016 nach Deutschland. Geboren wurde sie 1991 in Syrien. 

Ihre Odyssee in den Zollernalbkreis mit ihrem Mann führte von Libyen, zunächst mit einem kleinen Boot, dann mit einem Flüchtlingsschiff über das Mittelmeer nach Italien, genauer gesagt nach Palermo. „Insgesamt dauerte die Überfahrt rund 26 Stunden“, erzählt sie. In Palermo angekommen, wurden sie von der Polizei in Empfang genommen und ihre Papiere kontrolliert. Nach zwei Wochen ging es über die Schweiz nach Deutschland. Warum Deutschland? „Eine Tante lebt im Landkreis Calw“, erklärt die 31-jährige.

An den 27. September 2016 erinnert sich sie noch ganz genau: „Wir kamen in der Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten an. Dort wurden wir registriert. Gleichzeitig stellten wir unseren Asylantrag“, so die junge Frau. Sechs Monate verbringt das Ehepaar dort. Beide engagieren sich ehrenamtlich: Oula Al Hamwi arbeitet täglich vier Stunden in dem extra vom Landratsamt eingerichteten Begegnungscafé. Ihr Mann hilft in der Kleiderkammer mit. In ihrer freien Zeit lernen sie Deutsch. 

Im Frühjahr 2017 erfolgt die Vorläufige Unterbringung in Albstadt – weitere neun Monate, bevor das Paar im Winter seine eigene Wohnung bezieht. Auch hier bringt sich Oula Al Hamwi ehrenamtlich ein: „Von 12 bis 14 Uhr half ich in der Hausaufgabenbetreuung in der Kirchgrabenschule in Albstadt mit. Nachmittags machte ich einen Sprachkurs“. Innerhalb eines Jahres absolviert sie dann die Sprachprüfung mit dem Niveau B2. Direkt im Anschluss startet sie ihr sechsmonatiges Praktikum beim Landratsamt Zollernalbkreis. Dabei entstand der Wunsch: „Ich möchte eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten machen“. Gesagt. Getan. Im September 2019 ging es los. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen im Landratsamt, allen voran Ausbildungsleiterin Elena Hartmann sowie die Ausbildungsbeauftragten, brachten sich engagiert und kreativ dabei ein, Oula Al Hamwi auf ihrem Weg zu unterstützen. Nach 2,5 Jahren, im Februar 2022 hat sie ihre Ausbildung in der Tasche und wird vom Landratsamt fest übernommen. Derzeit arbeitet sie als Sachbearbeiterin für Ausländerrecht im Amt für Zuwanderung und Integration.

Rückblickend fragt sie sich manchmal, wie sie das alles geschafft hat. „Klar gab es am Anfang einige sprachliche Herausforderungen. Ich bekam jedoch viel Unterstützung von den anderen Auszubildenden“, berichtet Oula Al Hamwi dankbar. Eine starke Stütze und gleichzeitig Förderer waren Kreisrat Karl-Otto Gerstenecker und Sylke Schlude, Büroleiterin Vorzimmer Landrat. Die beiden Meßstetter waren damals federführend für das Begegnungscafé im ehemaligen Soldatenheim in direkter Nähe zur LEA Meßstetten zuständig, in dem die junge Frau aushalf. „Oula war von Anfang an zuverlässig, wissbegierig und zielstrebig. Von ihrem Taschengeld kaufte sie sich Deutschbücher und CD`s, um schnell die deutsche Sprache selbst zu erlernen“, berichtet Sylke Schlude. Karl-Otto Gerstenecker erkannte schnell das Potenzial der Syrerin und vermittelte daraufhin das Praktikum zum Landratsamt. Ihrem Mann half er bei einem Praktikumsplatz an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Dort arbeitet dieser nun seit fünf Jahren als IT-Experte. 

„Bis heute verbindet uns eine besondere Freundschaft“, erzählt Karl-Otto Gerstenecker. Und berichtet von einer kleinen Anekdote. Oula fragte ihn: „Karlo ist das schwäbisch? - Mei Wäschmaschee ischt hee!“. Gerstenecker antwortet daraufhin: „Das ist ur-schwäbisch!“. Insgesamt hat das Paar einige deutsche Freunde. „Viele dieser Bekanntschaften entstanden in der LEA Meßstetten“, so Oula Al Hamwi. 

„Das Ehepaar Al Hamwi ist ein Bilderbuch-Beispiel, dass Integration, wenn sie bewusst von allen Seiten gelebt wird, wertvoll für unsere Gesellschaft ist.“, so Landrat Günther-Martin Pauli. „Wünschenswert wäre es, dass alle Menschen so offen aufeinander zugehen“.  

Heute leben die Al Hamwis nach wie vor in Albstadt. Beide haben seit November 2022 beziehungsweise Januar 2023 die deutsche Staatsbürgerschaft. 2017 war ihr Asylantrag zunächst für maximal drei Jahre genehmigt worden, der Aufenthaltstitel wurde 2019 um drei Jahre verlängert, bevor sie die Einbürgerung beantragten. „Deutschland ist jetzt unsere Heimat. Hier fühlen wir uns sicher und willkommen“, so die gemeinsamen Worte. Oula Al Hamwi hat klare Pläne für die Zukunft: „Ich möchte mich weiterbilden und einen zusätzlichen Verwaltungslehrgang absolvieren“, so die zielstrebige, junge Frau.