Haushaltsentwurf 2026 im Kreistag eingebracht
Im Kreistag des Zollernalbkreises hat Landrat Günther-Martin Pauli in der Sitzung am Montag, 20. Oktober den Haushaltsentwurf für 2026 eingebracht. Im Folgenden die Rede, die er dazu gehalten hat.
Die Rede im pdf-Format finden Sie hier (PDF) (147,3 KiB).
Sehr geehrte Mitglieder des Kreistags, meine Damen und Herren,
„Zukunft gelingt dann, wenn alle bereit sind, Verantwortung zu übernehmen!“ Mit dieser Botschaft hat sich vor wenigen Tagen der Präsident des Gemeindetages, Steffen Jäger, an die Bevölkerung gewandt. Seit Jahren appellieren die kommunalen Spitzenverbände, dass es so nicht weitergehen kann! In Deutschland beträgt das Verhältnis der Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt, die Staatsquote, 50 Prozent. Zum Vergleich: in der benachbarten Schweiz sind es 32 Prozent. Unser ehemaliger Bundeskanzler Helmut Kohl hat einmal klargestellt: „Bei einer Staatsquote von 50 Prozent beginnt der Sozialismus!“
Wir Kommunen wollen und können nicht tatenlos zuschauen, wie unser Staatssystem mit seiner zunehmend risikoscheuen Gesellschaft mit voller Wucht gegen die Wand fährt. Für die Mitarbeitenden der Kommunalverwaltungen sind nicht nur die steigenden Erwartungen der Menschen an öffentliche Hilfe und die Misstrauenskultur in unserer Gesellschaft belastend. Bei schwindenden Ressourcen ist viel Notwendiges nicht oder nur kaum noch leistbar. Überregulierungen, die Gutachteritis und Kontrollitis sind ungesund und kontraproduktiv. Sie strangulieren Freiheit, Eigenverantwortung und den gesunden Menschenverstand. Wir brauchen mehr Marktwirtschaft und staatliche Hilfe muss sich auf wirkliche Schwächen, Notsituationen und Schwachstellen im gesellschaftlichen Miteinander konzentrieren.
Weg von Gleichschalterei und Zwangsbeglückung! Unser Staatswesen, unsere Demokratie muss von den Wurzeln her wieder gepflegt werden. Mit Informationsveranstaltungen und Bürger-Dialogen quer durch unseren Kreis werden wir 2026 wieder unseren Beitrag zur notwendigen Kommunikation und Transparenz leisten.
Natürlich muss die finanzielle Ausstattung der Kommunen auf solide Grundlagen gestellt werden. Es kann nicht funktionieren, wenn die Kommunen über 25 Prozent der staatlichen Ausgaben leisten sollen, ihnen aber lediglich 14 Prozent der staatlichen Einnahmen zur Verfügung stehen. Dankbar sind wir jetzt unseren kommunalen Spitzenverbänden und dem Land Baden-Württemberg für die Verständigung zur finanziellen Unterstützung am 10. Oktober. Das ist in diesen Zeiten ein hoffnungsvoller Lichtblick, der jetzt verschriftlicht werden darf. Die Beiträge, die die einzelnen Landkreise erhalten sollen, sind jedoch noch nicht bekannt und daher in dem heute vorgelegten Haushaltsentwurf nicht berücksichtigt.
Somit ebenfalls noch keine Mittel aus dem Schuldenpaket des Bundes für die Infrastruktur.
Ja, wir brauchen eine neue Kultur der (Mit-)Verantwortung. Wir wollen die Lust darauf wieder wecken! Wir Kommunalpolitiker wirken täglich im Maschinenraum unseres demokratischen Rechtsstaats. Unsere Gesetzgebungsorgane erinnern wir daran, dass sie die kommunale Lebenswirklichkeit nicht wegblenden. Kommunale Selbstverwaltung, das Subsidiaritätsprinzip, das Zusammenwirken und die Aufgabenverteilung bedarfsorientiert von unten nach oben gestalten zu können, ist heute wichtiger denn je.
Die Zeiten, in denen der Staat den Bürgern immer mehr Lebensrisiken abnehmen konnte, mit der Folge einer Reduzierung der Eigenvorsorge sind vorbei! Die Regulierungsdichte, die Regulierungshysterie muss endlich auf ein gesundes Maß zurückgedreht werden. Wie bei Lebensmitteln auf alle Gesetze ein Verfallsdatum anzubringen, wäre sicherlich hilfreich.
Die geopolitische Lage zwingt uns verschärft, die finanziellen Prioritäten umzuschichten. Dass wir wieder flotter, handlungsfähiger und wettbewerbsfähiger wirtschaften können, darauf müssen wir alle uns einstellen! Notwendige Reformen lassen sich nicht wegdrücken oder mit staatlichen Schulden zudecken. Wohlstand, die Verbesserung der Infrastruktur sowie Zukunftschancen erwirtschaften wir durch Arbeit, Fleiß und Leistung und nicht durch Umverteilung! Mitmachen, anpacken statt jammern und wegducken muss das Motto sein.
Der vorliegende Haushaltsplanentwurf für 2026 dokumentiert, dass Kommunalpolitik lebendig, achtsam und zukunftsorientiert gestaltet werden kann: Dank einer um 27 Millionen Euro höheren Steuerkraftsumme unserer Städte und Gemeinden und damit knapp 8 Prozent Mehreinnahmen haben wir im Zollernalbkreis eine günstigere Ausgangslage als so mancher unserer Nachbarn. Die Mehrausgaben im Sozial- und Jugendhilfebereich werden trotzdem nicht restlos gedeckt. Die Ausgabendynamik – unter anderem beim Bundesteilhabegesetzt – schießt durch die Decke. Hier erwarten wir schnellstmöglich Korrekturen, bevor alles zusammenkracht.
Die Landkreisverwaltung, allen voran die Kämmerei hat in den vergangenen Monaten sämtliche Haushaltsecken nochmals durchleuchtet und konnte weitere 3,7 Millionen Euro regelrecht „herausschwitzen“. Was in unserem vielfältigen Dienstleistungsbetrieb nur mit Personalkürzungen, Service-Abstrichen und konsequenter Zentralisierungsstrategie funktioniert. Allerdings ist gerade beim Personalkörper Achtsamkeit gefordert, weil wir als familienfreundliches Unternehmen die demographischen Herausforderungen mit Weitblick und Flexibilität meistern wollen.
Bei unserer Bildungsmesse Visionen, die bis Samstag in der Volksbankmesse Balingen stattgefunden hat, wurde deutlich, dass wir Kommunen, Handwerk, Handel- und Industrieunternehmen, Dienstleister, Sparkasse, Kliniken, Schulen und Behörden im Zollernalbkreis gemeinsam stark und innovativ sind und dass wir unseren nachfolgenden Generationen vielerlei werthaltige Perspektiven bieten können. Das Ringen um junge Köpfe, um qualifizierten Nachwuchs braucht heute mehr Sorgfalt und Ressourcen als jemals zuvor. Attraktive, zukunftsorientierte Ausbildungschancen können wir nicht durch alte Zöpfe und verstaubte Aktenschränke vermitteln. Ein großer Dank gilt daher nochmals unserem starken Team bei der WfG für die hervorragende Plattform, sowie allen Kolleginnen und Kollegen, die sich um die Aus- und Weiterbildung im Landkreis kümmern.
Die Weiterentwicklung unserer beruflichen Schulzentren, unsere Verwaltungsschule und die Pflegeakademie in Albstadt gehören zu den wichtigsten Kernaufgaben des Zollernalbkreises.
Für den Haushalt 2026 haben wir viele Impulse und Anregungen aus den Kreistagsgremien aufgegriffen. Es würde jetzt aber den zeitlichen Rahmen sprengen, alle Einzelpläne abzuklappern. Prozessoptimierungen und die gesamtgesellschaftliche Atmosphäre im Zollernalbkreis wollen wir fest im Blick behalten. Im Fokus steht das partnerschaftliche Zusammenwirken in der kommunalen Zollernalb-Familie. Im Haushaltsplanentwurf liegt Ihnen jetzt ein Ergebnishaushalt mit knapp 344 Millionen Euro ordentlichen Erträgen und 347,7 Millionen Euro ordentlichen Aufwendungen vor. Dies ergibt einen Fehlbetrag von 3,7 Millionen Euro. Allein der Netto-Aufwand für Soziale Hilfen nimmt mit insgesamt fast 129 Millionen Euro erneut stark zu und liegt rund 11,7 Millionen Euro über den Planzahlen des laufenden Haushaltsjahres!
In fast allen umliegenden Landkreisen muss die Kreisumlage deutlich angehoben werden. Vor der Festsetzung der Kreisumlage haben wir wieder den Finanzbedarf unserer Städte und Gemeinden ermittelt. Es ist eine gute Tradition, dass der Zollernalbkreis in den vergangenen 18 Jahren seine Finanzpolitik im gegenseitigen Respekt solidarisch und partnerschaftlich gestaltet hat. Für einen kompletten Ausgleich des Fehlbetrages wäre rechnerisch eine Erhöhung des Kreisumlagehebesatzes um einen Punkt notwendig. Da die meisten Kommunen im Zollernalbkreis ebenso große Probleme haben, ihre Haushalte auszugleichen, angesichts der enormen kommunalen Herausforderungen und im Geist der gemeinsamen Verantwortung für den Kreishaushalt schlagen wir Ihnen heute vor, den Kreisumlagehebesatz bei 32,5 Prozent zu belassen und damit unseren Städten und Gemeinden 2026 ein Haushaltsjahr zum „Durchschnaufen“ zu ermöglichen.
Angesichts der gestiegenen Steuerkraft im Kreis, dürfen wir mit Mehreinnahmen von 9 Millionen Euro rechnen. Unser vorbildlicher Schuldenstand und damit die überschaubaren Kreditverpflichtungen, die wir durch disziplinierten Umgang mit den uns anvertrauten Steuergeldern erwirtschaftet haben, erleichtert dies. In den vergangenen Jahren haben wir gemeinsam durch unsere solide Finanz- und Haushaltspolitik die Pro-Kopf-Verschuldung konsequent heruntergefahren. Dass dies sich angesichts der anstehenden Jahrhundertprojekte Zentralklinikum und Regionalstadtbahn in naher Zukunft ändert, ist uns allen bewusst. Dass wir im laufenden Jahr bislang die geplanten Kreditmittel noch nicht aufnehmen mussten ist nicht selbstverständlich, erspart uns jedoch derzeit noch erhebliche Zinsaufwendungen.
Der Investitionshaushalt umfasst im kommenden Jahr 44 Millionen Euro, darunter 19,5 Millionen an Investitionszuweisungen für unser Zentralklinikum, die in Höhe von 13,5 Millionen aus der gebundenen Liquidität aus Vorjahren finanziert werden können. Wir planen jetzt für 2026 eine Kreditaufnahme von 11 Millionen Euro ein.
Wir werden nicht stillstehen, sondern mit innovativen Ideen den Zollernalbkreis weiterentwickeln: Zum Beispiel bei der Qualitätsvergabe im ÖPNV, die wir vor ein paar Wochen im Gremium beschlossen haben und mit der wir ebenso Vorreiter wie Vorbild im Land sind. Mit dem Radweg zwischen Leidringen und Rotenzimmern, dem Regiobus zwischen Balingen und Rottweil erreichen wir mehr als nur eine gute Nachbarschaft. Mit unserem rührigen Migrationsbeirat, mit dem Begegnungsprojekt Refugio in Hechingen bauen wir Brücken nicht nur in unsere Gesellschaft, sondern helfen vielen Menschen, die bei uns Zuflucht und Zukunft suchen, ordentliche Ausbildungsplätze und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu erreichen. Der sechste Kunst- und Kulturpreis, den wir zusammen mit der Sparkasse und PKF durchführen dürfen, fördert Phantasie und Kreativität, die in unserer dynamischen, zunehmend digitalen Welt wertvoll wirken.
Wir Kommunen dürfen darüber hinaus selbst Mechanismen entrümpeln, Doppelstrukturen abbauen und Partnerschaften, Ämterzusammenlegungen, Kooperationen und das Miteinander fördern. Die noch vorhandenen Freiräume wollen wir nutzen!
Mit einem Gesamtvolumen von über 402 Millionen Euro umfasst der Haushaltsplanentwurf für 2026 eine neue Rekordhöhe. Mein Dank gilt unserem neuen Kreiskämmerer Gerd Beiter und seinem Team, allen Kolleginnen und Kollegen, die trotz gravierender Einschränkungen, im fruchtbaren Geist eines guten Miteinanders, die Planzahlen zusammengestellt haben. Zeitökonomisch erspare ich uns jetzt langatmige Details. Die einzelnen Investitionen, Projekte, Produkte und Einzelpläne wollen wir mit Ihnen in unseren jeweiligen Fachausschüssen und Gremien in den nächsten Wochen genauer erörtern. Zu den Beratungen in den jeweiligen Fraktionen will ich Ihnen anbieten, dass der Kreiskämmerer, die Dezernenten-Riege und ich selbstverständlich auf Wunsch hinzukommen.
Wir blicken respektvoll und zuversichtlich in das Jahr 2026, wo wir nach einem Einsparjahr wieder zu einer Neujahrssitzung des Kreistags herzlich einladen dürfen:
Als Gastredner konnten wir Bundespräsident a.D. Christian Wulff gewinnen. Er wird am Montag, 19. Januar 2026 in der Schlossparkhalle Geislingen zu uns sprechen.
Wir freuen uns auf ein lebendiges Miteinander!


